ARAtirol meldet erhöhten Bedarf in der Antirassismusarbeit
Am 7. Oktober präsentierte die Antirassismusarbeit Tirol (ARAtirol) ihre Arbeit im Kulturbogen55 in Innsbruck.
Der ressortzuständige LH-Stv. Dr. Georg Dornauer betonte die Wichtigkeit der Antirassismusarbeit von ARAtirol. Es brauche laut Dornauer ein respektvolles Miteinander und die Stärkung gemeinsamer Grundwerte als Basis für ein friedliches Zusammenleben. Univ.-Prof. Dr. Dirk Rupnow vom Institut für Zeitgeschichte ist wissenschaftlicher Beirat von ARAtirol und beschrieb in seiner Einführung das Phänomen der Verweigerung bei der Thematisierung von Rassismus. Dr.in Miriam Hill (Leitung ARAtirol) gab schließlich einen umfassenden Einblick in die Aufgabenbereiche, Ziele und Anforderungen einer rassismuskritischen Arbeit. Dabei hob sie die Wichtigkeit der Beratungs- und Bildungsangebote hervor und beschrieb zudem die Bedeutung der Dokumentation, Netzwerk- und Öffentlichkeitsarbeit.
Seit 2020 ist ARAtirol beim ZeMiT - Zentrum für Migrantinnen und Migranten in Tirol angesiedelt. Die Aufgaben reichen von Einzelfallberatung und Dokumentation über Bildungsmaßnahmen für Jugendliche und Erwachsene bis hin zu Vernetzungsarbeit und Sensibilisierung der Öffentlichkeit. Das Land Tirol und die Stadt Innsbruck fördern die Arbeit von ARAtirol im Ausmaß einer Teilzeitstelle. Damit sind auch die möglichen Aktionsräume der Mitarbeiter:innen entsprechend eingeschränkt und der Bedarf kann nicht umfassend abgedeckt werden. Dennoch zeigen die Erfahrungen aus der Arbeit, dass vor allem die Beratung, die Bildungsangebote und die öffentliche Positionierung wichtige Impulse für die Weiterentwicklung unserer Gesellschaft sind.
Integrationsreferent und LH-Stv. Dr. Georg Dornauer hob den hohen Organisationsgrad und die damit verbundene Ehrenamtlichkeit und Hilfsbereitschaft in den Tiroler Jugendverbänden hervor. Dennoch sei damit manchmal auch eine gewisse Abgrenzung nach außen verbunden und es brauche immer wieder Impulse in Richtung Öffnung, Toleranz und ein gemeinsames Miteinander. Antirassistische Sensibilisierungsarbeit sei in Tirol notwendig und bekomme seitens der Tiroler Landesregierung auch die notwendige politische Unterstützung.
Univ.-Prof. Dr. Dirk Rupnow beschrieb in seinem Eingangsstatement, dass rassistische Diskriminierung vor allem im deutschsprachigen Raum tabuisiert werde, hier sei auch historisch bedingt die Wahrnehmungsschwelle für Abwertung und Diskriminierung sehr hoch, oft scheine es, dass alles unterhalb der Schwelle systematischer Abwertung und Vernichtung nicht ernst genommen werden könne. "Es gibt wenig Bereitschaft, über Rassismus zu sprechen, und gerade im Brauchtum wird gerne mit Tradition argumentiert, als wäre das eine Entschuldigung. Wenn es aber eine rassistische Tradition gibt, dann ist es umso wichtiger, sich damit auseinanderzusetzen", so Rupnow.
Dr. Miriam Hill stellte in ihrer Präsentation Fälle aus der Beratungspraxis vor und unterstrich hierbei die Alltäglichkeit von Rassismus. So wurde festgestellt, dass eine Vielzahl an Menschen, die als „anders“ markiert werden, Rassismuserfahrungen in unterschiedlichen Bereichen (Arbeit, Wohnen, Bildung etc.) machen. Dies betrifft auch Menschen mit österreichischer Staatsbürgerschaft, geboren und aufgewachsen in Tirol. Exemplarisch wurde die Rassismuserfahrung eines Jugendlichen beschrieben, der sich wiederholten Polizeikontrollen aussetzen musste, ohne dass es dafür einen konkreten Anlass gab. In der Beratung erhielt er wichtige Informationen über seine Rechte und wie er sich zukünftig bei ähnlichen Vorfällen verhalten kann. Zentral war hier jedoch, dass der Jugendliche bei ARAtirol ernst genommen wurde, dass das Sprechen über Rassismus in einem safe space möglich war und dass er empowert wurde. Im Weiteren hob Miriam Hill hervor, dass es sich bei Rassismus um ein gesamtgesellschaftliches Problem handelt, das sowohl individuelle, institutionelle als auch strukturelle Ebenen mit einbezieht. Abschließend wurde deutlich, dass die kritische Auseinandersetzung mit Rassismus eine wesentliche Aufgabe einer demokratischen Gesellschaft darstellt, um somit eine Zukunft für alle zu gestalten.