Flucht ist nicht flüchtig 2024
Die Ausstellung
Die Ausstellung „Flucht ist nicht flüchtig“ gibt jenen Perspektiven Raum, die in der Öffentlichkeit kaum gehört werden: Den Stimmen schutzsuchender Menschen und engagierter Personen aus der Zivilgesellschaft und Verwaltung, die an Lösungen und Hilfestellungen für Geflüchtete arbeiten. Oft werden diese Stimmen vom lauten Anti-Flucht und Anti-Migrationsdiskurs durch Politik und (soziale) Medien übertönt. In der Vorbereitung sind wir in den Tiroler Gemeinden Imst und Wattens auf die Suche nach diesen Perspektiven gegangen und fündig geworden. „Flucht ist nicht flüchtig“ lädt zu einem Perspektivenwechsel ein und sieht sich als kleiner Baustein in einem Bemühen um ein neues Miteinander, in dem menschliche Schicksale und menschliches Engagement gleichermaßen ans Licht geholt werden.
Diese persönlichen Perspektiven werden in der Ausstellung in einen historischen und aktuellen Bezug gesetzt. Seit dem Zweiten Weltkrieg haben unterschiedliche Kriege und Krisen Menschen auf ihrer Flucht durch oder nach Österreich geführt. Doch noch nie war die Anzahl von Menschen auf der Flucht so groß wie heute: 114 Millionen Menschen wurden 2023 aus ihrem Heimatort vertrieben oder sind geflüchtet, 40 Prozent davon waren unter 18 Jahre. Im Zeitalter der Flucht und Vertreibung, in dem immer noch größere Zahlen menschliche Schicksale zu einer Zeile in der Statistik machen, versuchen wir Menschen eine Stimme zu geben, einen Raum, in dem ihre Geschichte erzählt wird.
TERMINE
6.3.–5.5.2024 im Museum im Ballhaus in Imst
22.5.–23.7.2024 im Museum Wattens
Die Zugänge
Die Perspektiven geflüchteter Personen findet sich in Form von „Collagen“ und Interviews in der Ausstellung wieder. Es wurde nach einem Weg gesucht, auch neu Angekommenen ein Ausdrucksmittel ihrer persönlichen Geschichte, Wünsche und Hoffnungen anzubieten, das nicht rein auf Sprache basiert. Die so entstandenen Collagen dokumentieren einen kleinen Ausschnitt der persönlichen Schicksale; darunter liegen Erfahrungen des Verlusts, der Gewalt und Entbehrungen.
Mit Kristina Kapeljuh, Meyar Sawas und Reza Mohammad Jafari engagierten wir im Rahmen des Projektes auch drei Künstler:innen mit Fluchterfahrungbezug. Die Art der Umsetzung und der Umgang mit dem Thema Flucht löste jeder bzw. jede auf seine/ihre Weise. In Absprache mit dem Team und der Ausstellungsgestalterin integrierten sie ihre Kunst in die vorgegebene Grundstruktur der Wanderausstellung.
Kristina Kapeljuh dienten der Titel der Ausstellung „Flucht ist nicht flüchtig“, die Grundform der quadratischen Kartonwürfel angeordnet als Zick-Zack-Form und die Eigenart der verwendeten Druckart als Inspiration für ihr Kunstwerk mit dem Titel „Wiederholen“. Das Konzept basiert auf den persönlichen Migrations- und Integrationsprozessen der Künstlerin in verschiedenen Ländern. Der abstrakte Fluss im Werk symbolisiert den unter unterschiedlichen Rahmenbedingungen immer wiederkehrenden Migrationsprozess, ohne klaren Anfang oder Ende und ohne Wertung als „gut“ oder „schlecht“. Die Künstlerin, die aus der Ukraine stammt, hat das Werk direkt auf den Kartons mit der Methode des Siebdrucks 2023 im Atelier von Ype Limburg in Innsbruck umgesetzt. Die Fragmentierung des Bildes im Druckprozess, die an Pixel erinnert, fügt dem Kernkonzept eine weitere Interpretationsebene hinzu.
GESTALTUNG
Die Ausstellungsgestaltung basiert auf dem zentralen gestalterischen und methodischen Element des Würfels. Sie präsentiert verschiedene Aspekte zum Thema „Flucht“ auf vier Ebenen: die biografische Perspektive von geflüchteten Personen (Collagen & Zitate), den künstlerischen Blickwinkel von Künstlerinnen und Künstlern mit Fluchtbezug (Kunstwerke), die Sicht der Zivilgesellschaft und Kommune (Wortwolke & Zitate) sowie die wissenschaftliche und historische Auswertung (Zeitleiste). Als Grundgerüst dienen Kartonwürfel, die – übereinander und nebeneinander gestapelt – mit den Texten, Collagen und Kunstwerken bespielt werden. Sie sind unkompliziert in der Handhabung, einfach transportier- und recyclebar. Es wird angeregt, sich mit den von mehreren Seiten zugänglichen Flächen des Würfels, aber auch dem verborgenen Innenraum der Form auseinanderzusetzen und sich auf einen Perspektivenwechsel einzulassen. Besucher*innen haben zudem die Möglichkeit zur Interaktion mit kleinen Kartonwürfeln.
Gestaltung und Grafik: Ines Graus blickfisch
Kristina Kapeljuh
Wiederholen 2023
„In the fluidity of my migratory experiences across Scotland, England, Hungary, Ukraine, Switzerland, and my current integration into Austria, I am intimately entangled with diverse frameworks, akin to boxes and their two-dimensional representations—squares—within the context of an exhibition. …”
Mohammad Reza Jafari
Perspektivenwechsel
Fotodruck auf Karton, 2023
"Für das hier ausgestellte Kunstwerk verwende ich Fotos aus meiner persönlichen Lebenswelt. Teils stammen sie auch aus der Zeit, als ich im
Flüchtlingsheim untergebracht war und die Menschen und ihre Schicksale fotografisch dokumentierte. Mich interessieren Menschen in ihrer
Unterschiedlichkeit. Ich finde es wichtig, dass alle aufeinander zugehen und bereit sind, sich ein Stück weit aufeinander einzulassen.
Wenn man seinen Blickwinkel ein wenig verändert, eröffnen sich neue Perspektiven. (...)"
Mehyar Sawas
Human Series, 2023
Protect Me | Survival | The Magician
"Inspiriert vom menschlichen Leben. — Das Spektrum menschlicher Emotionen fasziniert mich. Was treibt uns an, damit wir uns immer weiter
vorwärtsbewegen? Als Menschen ertragen wir Leid und sehnen uns nach Wohlbefinden durch und für unsere Mitmenschen. ...".
POP Up Ausstellung und Workshop im Schloss Büchsenhausen am 2.Juli 2024
Eine Klasse der Mittelschule Ilse Brüll Gasse besuchte die Pop Up Ausstellung im Schloss Büchsenhausen und setzte sich persönlich und kreativ mit den Themen von "Flucht ist nicht flüchtig" auseinander. Mit dabei die Künstlerin Lera Elur.
Hier gibt es einen tollen Fotobericht der Schule
24.Mai 2024: Eröffung der Ausstellung in Wattens
24.Mai 2024: Eröffung der Ausstellung in Wattens
Die Gäste waren zahlreich, das Buffet hervorragend und die Themen aktuell. Der Titel der Ausstellung verweist darauf: Flucht bleibt, sie hinterlässt Spuren, in den betroffenen Menschen, aber auch an den Orten, die sie streift. Die Eröffnung der Ausstellung "Flucht ist nicht flüchtig" am 24. Mai war für die Gemeinde Wattens und ZeMiT ein erfreulicher Anlass, um in das Museum Wattens zu laden.
Bürgermeister Lukas Schmied sorgte für ein herzliches Willkommen, Sonja Fender und Murat Celik (beide Ausschuss für Soziales, Integration und Familie) sorgten mit vielen helfenden Händen für ein ausgezeichnetes Buffet und eine gefühlvolle musikalische Umrahmung durch Volkan Kostu. Michaela Nindl (ZeMiT) und Ines Graus (Agentur blickfisch) führten in die Ausstellung ein, die es möglich macht, den Inhalten und Kunstwerken auf vielfältige Weise zu begegnen. Die Besucher:innen konnten Einblicke in die Ausstellung gewinnen, sehr persönliche Schicksale und Perspektiven kennnenlernen, die in der öffentlichen Wahrnehmung oft untergehen und miteinander ins Gespräch kommen. Zahlreiche Gemeinderatsmitglieder waren anwesend und standen beim ebenfalls organisierten "Integrationsabend der Gemeinde" Bürgerinnen und Bürgern für Gespräche und Anliegen zur Verfügung.
Die Ausstellung wird bis 1. August 2024 in Wattens gezeigt. Die Öffnungszeiten sind von Mittwoch–Samstag: 10–16 Uhr
Personen, Schulklassen oder Gruppen, die an Führungen interessiert sind, wenden sich bitte an Mag.a Michaela Nindl unter nindl@zemit.at
IMST: Siebdruck Workshop zur Ausstellung "Flucht ist nicht flüchtig"
Am 2.April 2024 wurden die Kellerräume im Ballhaus Imst kurzerhand zu einer Siebdruck-Werkstatt umgebaut. Ype Limbug bot Schüler:innen der HTL Imst mit Unterstützung von Kristina Kapeljuh und Gabi Schatz eine flotte Einführung ind die Technik und die Jugendlichen machten sich ans Werk. Gearbeitet wurde mit Ausdrücken und Sprüchen aus der Ausstellung "Flucht ist nicht flüchtig". In dem dreistufigen Workshop gestalteten Jugendliche neben den Siebdrucktaschen auch ihre eigene Ausstellung im Kleinformat und setzten sich mit den vielfältigen Themen und Fragen in der Ausstellung auseinander. Sehr erfreulich war, dass auch drei junge Männer aus dem Innsbrucker ABC Cafe, die bereits in der Ausstellung einen Beitrag mit ihren Collagen geleistet hatten, am Workshop teilnahmen und mit den Schüler:innen der HTL in kreativen und gedanklichen Austausch kamen. Einmal mehr zeigte sich, dass Begegnung wirkt und dass Beschäftigungsmöglichkeiten für Menschen im Asylverfahren ein ganz entscheidender Beitrag für den Lebensalltag und die Lebensperspektiven sein können.
Eröffnung der Ausstellung in Imst
Am 6. März fand unter großer Beteiligung die Eröffnung der Ausstellung Flucht ist nicht flüchtig im Ballhaus in Imst statt.
Barbara Hauser, Referentin für Kultur und Stadtrat Richard Aichwalder betonten in ihren Begrüßungsworten die Notwendigkeit eines solidarischen und offenen Zusammenlebens und bedankten sich bei Organisator:innen und Beteiligten für die Verwirklichung der Ausstellung Flucht ist nicht flüchtig in Imst. Edo und Dina Krilic begleiteten den Abend musikalisch, Autorinnen von wortraum trugen Auszüge aus ihren Texten bei. "Mit der Angst im Rücken vorwärts schauen", ist eine Zeile aus den Texten, die wohl viele Menschen mit Fluchterfahrung bestätigen können.
Die Ausstellung widmet sich dem Thema Flucht auf vier Ebenen: Die historische Ebene reicht zurück bis zum Zweiten Weltkrieg, einer Zeit, in der viele Menschen vor dem Regime des Nationalsozialismus aus Österreich fliehen mussten. Im Rahmen der künstlerischen Perspektive wurden drei junge Künstler:innen mit Fluchterfahrung eingeladen, sich mit ihren kreativen Mitteln mit dem Thema Flucht auseinanderzusetzen. Kristina Kapeljuh wählte dazu die Siebdrucktechnik, die auf den Ausstellungswürfeln platziert ist und das Fluide der Migrations- und Integrationserfahrung ausdrücken soll. Meyhar Sawas stellt Skulpturen aus verbranntem Draht aus, Teile seiner Human Series, die menschliche Emotionen repräsentieren. Mohammad Reza Safari verweist mit seiner fotografischen Arbeit auf die vielschichtigen Perspektiven und Blickwinkel, die immer auf eine Situation und einen Menschen möglich sind.
Die persönliche Perspektive fließt durch Collagen und Zitate in die Ausstellung ein, die in Workshops mit Menschen aus Syrien, Somalia, Afghanistan, dem Iran und der Ukraine durchgeführt wurden. Schließlich bildet die Pespektive der Zivilgesellschaft ein wesentliches Element. Hier wurden Gespräche in den Gemeinden Imst und Wattens mit Menschen durchgeführt, die beruflich oder aus privatem Engagement in der Arbeit mit Geflüchteten tätig sind und waren.
Der Abend der Eröffnung führte Beteiligte und Protagonist:innen aller Ebenen zusammen und war ein schönes Beispiel dafür, dass Menschliches verbindet und Zusammenleben möglich macht.
Flucht ist nicht flüchtig: Perspektiven auf Flucht, Vertreibung und den Neuanfang vor Ort
Flucht ist nicht flüchtig wird am 6.März um 19:00 im Imster Ballhaus eröffnet. Die Eröffnungsfeier findet im benachbarten Raifeisensaal statt. Bis 4. Mai wird die Ausstellung in Imst zu sehen sein und von einem vielfältigen Rahmenprogramm begleitet.
EINLADUNG AUSSTELLUNGSERÖFFNUNG UND RAHMENPROGRAMM IMST
In dem Projekt widmen wir uns dem Thema Flucht auf verschiedenen Ebenen, wir bereiten Informationen zu den Fluchtbewegungen nach Österreich auf, wir sprechen mit Geflüchteten und laden sie ein, Aspekte ihrer Erfahrungen einzubringen und kreativ umzusetzen und blicken auf die Organisation und Geschichte der Aufnahme auf lokaler Ebene. In Auseinandersetzung mit den gesammelten Informationen und Perspektiven von deutschen und österreichischen Emigrant:innen laden wir Künstler:innen, die heute in Österreich "im Exil leben" ein, Kunstwerke für die Ausstellung "Flucht ist nicht flüchtig" zu erschaffen.
Das Projekt wird vom Land Tirol, der Stadt Innsbruck und dem Bundesministerium für Kunst, Kultur und Sport gefördert. Die Ausstellung wird in Kooperation mit der Gemeinde Imst und dem Rabalderhaus Imst, sowie der Gemeinde Wattens und dem Museum Wattens durchgeführt.
Mitarbeiterinnen:
Michaela Nindl
Christina Hollomey-Gasser
Andrea Possenig-Moser