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Filmbiscuit: Rassismus und Sexismus am Set

Sexuelle Übergriffe und die Frage der Repräsentation im Filmbusiness wurden am 8. Juni 2023 im Rahmenprogramm des Internationalen Filmfestivals in Innsbruck diskutiert. In der Innsbrucker Machete dachten der Filmschaffende Lukas Ladner und der Schauspieler Komi Togbonou gemeinsam mit Dajana Mehadzić vom ZeMiT über Wege in eine diskriminierungsfreie Zukunft in der Filmbranche nach.

Es regt sich was im Filmbusiness und von vielen Seiten werden  sichere Arbeitsbedingungen am Set gefordert und die gesellschaftliche Verantwortung bei der Besetzung von Rollen vor und hinter der Kamera betont. Seit kurzem bieten Initmitätskoordinator:innen Begleitung von Schauspierler:innen in intimen Situationen. Komi Togbonou arbeitet aktuell an einer Serie mit, bei der mit deren Hilfe auf die Bedürfnisse aller geachtet wird. Das Ergebnis gibt dem vermeintlich zusätzlichen Aufwand seiner Meinung nach eindeutig recht: "Es geht einfach allen gut, wir sind viel effektiver und schneller. Wenn es harmoniert, kann man gemeinsam in die Tiefe gehen und das größte Licht gestalten. Jeder muss gesehen werden und sich gesehen fühlen - nur so können wir Geschichten sinnvoll erzählen."

Neben dem sensiblen Umgang mit Intimität ist die Frage der Repräsentanz nicht minder aktuell. Wenn es den öffentlich-rechtlichen Sendern nicht zeitnah gelingt, die gesellschaftliche Wirklichkeit in ihrer ganzen Vielfalt auf dem Bildschirm abzubilden oder auch vorwegzunehmen, wird sie gegen Plattformen wie Tik Tok und You Tube nicht bestehen können und vor allem die junge Generation nicht mehr erreichen. Die Reproduktion von ewig gleichen Geschichten in tradierten Bildsprachen hat ihre Berechtigung verloren, es geht darum, Geschichten neu zu erzählen, zu variieren und neue Perspektiven einzunehmen. Nur so können Film und Kino ihre gesellschaftlich relevante Rolle auch stärken. Eindrücklich hat sich die Macht der Bilder in der kürzlichen Diskussion um die Neuverfilmung des Klassikers ARIELLE gezeigt, in der die afroamerikanische Schauspielerin Halle Bailey die Hauptrolle spielt. Die Begeisterung und Dankbarkeit so vieler, endlich vertreten und sichtbar zu sein stand einer ausufernden Entrüstung darüber gegenüber, dass Arielle nicht Schwarz sein könne, weil sie immer schon Weiß war. Die gesellschaftspolitische Macht von Bildtraditionen kommt hier massiv zum Ausdruck. Lukas Ladner hält in der Diskussion fest: "Wir stehen oft einer historisch gewachsenen Wand an Sehgewohnheiten gegenüber, die gesellschaftiche Machtverhältnisse und Rollen schon über Jahrhunderte mittransportiert. Die Reflexion und Aufarbeitung dieser Sehgewohnheiten ist ein wesentlicher Aspekt gesellschaftlicher Weiterentwicklung. Eine Aufgabe, der wir uns auch im Filmgeschäft stark zuwenden müssen."

Für eine gute und respektvolle Arbeit am Set ist es entscheidend, im Gespräch mit allen Beteiligten zu bleiben. Es ist die Aufgabe der Regie und der Produktion Vorstellungen, Erwartungen und Wünsche klar zu kommunizieren und Schauspieler:innen in ihrer Arbeit respektvoll zu fördern und zu fordern. "Was haben wir noch nicht gesehen?" soll als leitende Frage zu neuen Geschichten und neuen Perspektiven auf bekannte Geschichten führen. Zudem müssen sich alle Menschen auf der Leinwand wiederfinden, sehen und gesehen werden. Diesen entscheidenden Hebel für eine friedliche Entwicklung in der Gesellschaft hält nicht nur, aber auch, die Filmindustrie in ihren Händen.

Der Filmbiscuit wurde im Rahmen des tkiopen Projektes Dominoeffekt organisiert.