Diskriminierung melden

Meinungsmacherei ohne Mehrwert

Kürzlich ereignete sich im Innsbrucker Tivoli ein tragischer Schwimmunfall, das 11-jährige Unfallopfer konnte mit ungewisser Prognose erst Tage nach dem Ereignis aus dem künstlichen Tiefschlaf geholt werden. Der Junge war im Rahmen einer Schulveranstaltung im Freibad.

Ulrich Mayerhofer, Sprecher der Tiroler Bäderbetreiber nutzt diesen tragischen Zwischenfall dazu, in der Tiroler Tageszeitung ein vernichtendes Pauschalurteil über Migrant:innen im Schwimmbad zu fällen. Er verweist darauf, dass es sich bei dem 11-jährigen Unfallopfer um einen Jungen mit Migrationshintergrund handelt – ebenso bei einem 28-jährigen Mann, der am Innsbrucker Baggersee von anderen Badegästen gerettet wurde, und, das sei kein Zufall.  Der Sprecher der Tiroler Bäderbetreiber wirft Migrant:innen ganz allgemein „mangelnde Schwimmkenntnisse“ und „mangelndes Gefahrenbewusstsein“ vor und spricht von einem „importierten Problem“, welches auf Grund  „mangelnder Sprachkenntnisse“ und „mangelnder Lernbereitschaft“ auch nicht gelöst werden könne.
Die Pauschalurteile entbehren jeder Grundlage und erfüllen ausschließlich den Zweck, Stimmung gegen Migrant:innen zu machen und eine ohnehin negativ aufgeladene Diskussion weiter anzuheizen. Sie bieten keinerlei hilfreichen Ansatz, möglichen Herausforderungen zu begegnen, die sich im Badebetrieb in einer Großstadt ergeben. Und: Ja, es gibt auch Migrant:innen, die nicht schwimmen können. Ja, es gibt Kinder, die es nicht in der Familie oder in einem Schwimmkurs lernen konnten. Ja, es gibt (männliche) Jugendliche, die Gefahren nicht richtig einschätzen.
Es gibt auch Tage, an denen richtig viel los ist im Schwimmbad, es gibt Tage großer Aufregung und Müdigkeit – vor allem wenn es Richtung Schulschluss geht. Es gibt Schulveranstaltungen, in denen Lehrpersonen Aufsichtspflicht haben. Es gibt Schwimmbäder, die mit Bademeister:innen ausgestattet sind, um die Sicherheit der Badegäste zu gewähren. Es gibt sehr tragische Unfälle.

Rund um den Schwimmunfall kann man den Blick auch auf die Organisation von Schulveranstaltungen lenken, das Verantwortungsbewusstsein oder die Überlastung von Lehrpersonen, die mangelnde Besetzung der Freizeitanlagen mit Personal, die zu große Anzahl an Personen, die in einem Becken sind. Man kann darüber nachdenken, ob es Sinn macht, wenn nur mehr Personen mit Freischwimmabzeichen in ein Schwimmbad dürfen, man kann über alternative Projekte nachdenken, um Menschen das Schwimmen und Schwimmregeln zu vermitteln. Man kann über Präventionsmaßnahmen nachdenken – zum Beispiel einen täglich stattfindenden, offenen Gratis Schwimm-Workshop in jedem Schwimmbad, immer von 10.00 – 10:30 im Familienbecken, für alle, die nicht mitmachen, bleibt es in dieser Zeit gesperrt.

Die Verantwortung für einen Unfall will niemand tragen, dennoch ist es nicht angebracht, diese Verantwortung pauschal einer Bevölkerungsgruppe überzustülpen und dadurch Öl ins Feuer zu gießen. Hier ist eine differenzierte Betrachtung von Nöten, um zukünftig derartige Unfälle zu vermeiden.